Der Weg zum Lebenshof
... und die persönliche Geschichte von Reinhold.
Die Vergangenheit
Ich bin hier im Allgäu geboren und aufgewachsen. Meine Jugend verlief erst mal nicht sehr spektakulär.
Die Ausbildung zum Landwirt und dann drei Semester in der Landwirtschaftsschule verschafften mir den ersten Eindruck von der wirtschaftlichen Ausbeutung von Tieren. An die harte Arbeit und wenig Freizeit gewöhnte ich mich schnell und stellte erst mal nichts in Frage.
Aber schon bald begann ein erstes Drama. Meine Eltern trennten sich, die Mutter ließ mich mit meinem Vater allein zurück. Bald darauf ging meine erste große Liebe in die Brüche.
Mit 27 Jahren bekam ich den Bauernhof, einen auf Milchwirtschaft spezialisierten Betrieb überschrieben und übernahm einen Berg Schulden. Durch eine neue Organisation des Hofes, eine Umstellung auf Bio mit Photovoltaik verbunden und meinem enormen Arbeitseinsatz konnte ich die Schulden im Laufe von zehn Jahren abarbeiten. Jetzt begann ich auch richtig viel Geld zu verdienen. Aber alles hatte immer einen bitteren Beigeschmack.


Die Erkenntnis
Mein Innerstes sagte mir, dass der gute Verdienst durch Milchgeld auf dem Leid der Tiere aufgebaut war. Jedes Mal, wenn ich einer Kuh ihr Kind wegnahm, blutete mir das Herz. Auch meine Gesundheit verschlechterte sich zunehmend. Mir wurde klar: So konnte es nicht weitergehen!
Mein Vater hatte für meinen Seelenschmerz kein Verständnis, ganz im Gegenteil, er belastete mich psychisch noch zusätzlich.
Durch eine Fügung des Lebens lernte ich einen lieben Menschen kennen, der mich verstand und unterstützte. Schon lange in der Tierschutzszene unterwegs, war er Veganer mit philosophischem Hintergrund. So setzte er neue Ideen frei, die mir berechtigte Hoffnung machten, dass es eine bessere Art der Tierhaltung gab. Zusätzlich lernte ich eine Frau kennen, die zwei Esel "im Gepäck" dabei hatte. Die Beziehung ging wieder auseinander, aber die Esel blieben – als wollten sie mir sagen, was jetzt meine Aufgabe ist.
Durch lange mit Musik untermalte Gesprächsabende erfuhr ich von meinem Freund viel über Ethik und Moral, den Sinn des Lebens und mehr. Besonders die Geschichte von Leo Tolstoi hat es mir angetan, der seinen riesigen Landbesitz an die Bauern verteilte und in Bescheidenheit ein erfülltes Leben mit Mensch, Tier und Natur führte.
Die Veränderung
Und so begann ich 2019 von allen Kühen, die ich zu melken hatte, jede zu behalten und ihnen eine bestmögliche Lebensgrundlage mit Freigang und bestem Futter zu schaffen. Durch die persönliche Beziehung, die ich zu jeder einzelnen habe, spüre ich förmlich ihre Dankbarkeit für meine Entscheidung.
Aktuell kommen zu den vorhandenen 42 noch 18 Pflegerinder hinzu, die zum Teil aus dem Skandalhof in Bad Grönenbach stammen. Dazu Hund Toto aus dem Tierheim, Hofkatze Lorenza und natürlich die beiden Esel Camilo und Paco.
Zuversichtlich schaue ich jetzt in die Zukunft und werde, so weit die Kapazitäten reichen, noch mehr Tieren ein wirklich artgerechtes Leben bieten. Wir (mein Freund ist auch dabei) haben mit fünf weiteren Tierfreunden einen Verein gegründet. Durch Spenden und Patenschaften soll der Lebenshof finanziert und durch Vorträge und Veranstaltungen der Tierschutzgedanke in die Welt gebracht werden, ohne zu missionieren.
Für mich kann sagen: Das war der einzig richtige Weg.

Impressionen
























